LANDTAG
NORDRHEIN-WESTFALEN
18. Wahlperiode
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E 18/389
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01.08.2023
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Rechtsausschuss
19. Sitzung (öffentlich, Livestream)
des Rechtsausschusses
am Mittwoch, dem 9. August 2023,
13.30 Uhr bis 15.30 Uhr, Raum E1 D05
Landtag Nordrhein-Westfalen
Platz des Landtags 1
40221 Düsseldorf
Tagesordnung
Anhörung von Sachverständigen
des Rechtsausschusses
Löschung von Daten als
Ergebnis staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen unter Betrachtung des Urteils
des Bundesverfassungsgerichts
Vorlage 18/1027
am Mittwoch, dem 9. August 2023
13.30 bis (max.) 15.30 Uhr, Raum E1 D05,
Livestream
Europäischer
Datenschutzbeauftragter
Wojciech
Wiewiórowski
Bruxelles /
Brussel
Belgium
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Landesbeauftragte
für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen
Bettina Gayk
Düsseldorf
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Professor Dr. Tobias Oliver Keber
c/o Hochschule der Medien
Stuttgart
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Professorin Dr. Bettina Schöndorf-
Haubold
Professorin für Öffentliches Recht
c/o Justus-Liebig-Universität Gießen
Gießen
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Professor Dr.
Rolf Schwartmann
TH Köln
Köln
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Professor Dr.
Sebastian Golla
Ruhr-Universität
Bochum
Bochum
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Dr. iur. David
Albrecht
FS-PP Berlin
Berlin
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Dr. Tanja
Niedernhuber
Lehrstuhl für
Deutsches, Europäisches und Internationales Strafrecht und
Strafprozessrecht,
Wirtschaftsstrafrecht und das Recht der Digitalisierung
München
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Anhörung von Sachverständigen
des Rechtsausschusses
Löschung von Daten als
Ergebnis staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen unter
Betrachtung des Urteils
des Bundesverfassungsgerichts
Vorlage 18/1027
am Mittwoch, dem 9. August 2023
13.30 bis (max.) 15.30 Uhr, Raum E1 D05,
Livestream
1.
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Wie bewerten die Sachverständigen unter Berücksichtigung der
Hinweise der Landesdatenschutzbeauftragten im Bericht von 2022 auf den Seiten
52-55, dass Daten von Bürgerinnen und Bürgern nicht gelöscht werden, die
eigentlich zu löschen wären?
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2.
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Genügen die Erlasse des Justizministeriums vom 03.08.2022 und
vom 18.01.2023, um die Löschung von nicht zu speichernden Daten
sicherzustellen, so dass keine Grundrechtsverstöße eintreten?
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3.
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In der Entscheidung des BVerfG vom 16.2.2023 wurde auf die Problematik
hingewiesen. Darin heißt es:
„Denn es können sich softwaregestützt neue Möglichkeiten einer
Vervollständigung des Bildes von einer Person ergeben, wenn Daten und
algorithmisch errechnete Annahmen über Beziehungen und Zusammenhänge aus dem
Umfeld der Betroffenen einbezogen werden. Der Grundsatz der Zweckbindung
könnte dem Eingriffsgewicht dann für sich genommen nicht hinreichend Rechnung
tragen. Insgesamt ist die Methode automatisierter Datenanalyse oder
-auswertung umso eingriffsintensiver, je breitere und tiefere Erkenntnisse
über Personen dadurch erlangt werden können, je höher die Fehler- und
Diskriminierungsanfälligkeit ist und je schwerer die softwaregestützten
Verknüpfungen nachvollzogen werden können.“
Wo liegen nach Ansicht der Sachverständigen die
verfassungsrechtlichen Probleme in Bezug auf die Nichtlöschung von Daten, was
die Landesdatenschutzbeauftragte in ihrem Bericht auf den Seiten 52 – 55
kritisiert?
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4.
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In der Entscheidung des BVerfG heißt es weiter:
„Dem Wortlaut nach lassen sie (Anm.: die Regelungen in den beiden
Polizeigesetzen) zudem sehr weitreichende Methoden der automatisierten
Datenanalyse und -auswertung zu. Der Gesetzgeber hat nicht eingegrenzt,
welche Methoden der Analyse und Auswertung erlaubt sind. Die angegriffenen
Vorschriften ermöglichen auch ein „Data-Mining“ bis hin zur Verwendung
selbstlernender Systeme (KI). Dabei sind insbesondere auch offene
Suchvorgänge zulässig. Die Datenauswertung oder -analyse darf darauf zielen,
allein statistische Auffälligkeiten in den Datenmengen zu entdecken, aus
denen dann, möglicherweise auch mit Hilfe weiterer automatisierter
Anwendungen, weitere Schlüsse gezogen werden. Die Vorschriften schließen auch
bezüglich der erzielbaren Suchergebnisse nichts aus. Nach dem Wortlaut könnte
das Suchergebnis in maschinellen Sachverhaltsbewertungen bestehen – bis hin
zu Gefährlichkeitsaussagen über Personen im Sinne eines „predictive
policing“. Es könnten also mittels Datenanalyse oder -auswertung neue persönlichkeitsrelevante
Informationen erzeugt werden, auf die ansonsten kein Zugriff bestünde. Diese
potenzielle Weite erzielbaren neuen Wissens wird auch nicht durch
eingriffsmildernde Regelungen zu dessen Verwendung flankiert.“
Wo liegen nach Ansicht der Sachverständigen die
verfassungsrechtlichen Probleme in Bezug auf die Nichtlöschung von Daten, was
die Landesdatenschutzbeauftragte in ihrem Bericht auf den Seiten 52 – 55
kritisiert?
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5.
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Wie ist am ehesten verfassungsrechtlich sicherzustellen, dass
die Staatsanwaltschaften die Vorgaben der Landesdatenschutzbeauftragten
beachten und erforderliche Daten gelöscht werden?
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6.
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Benötigen wir ein spezielles Datenverarbeitungsgesetz in NRW,
aus dem sich für den Bürger auch die Rechte auf Löschung ergeben, in dem eine
gesetzliche Definition des Begriffs „Restverdacht“ verankert ist, in dem
Löschfristen gesetzlich verankert sind?
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7.
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Ist es aus dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung
geboten, dass der Beschuldigte nach Abschluss einen Strafverfahrens darüber
in Kenntnis gesetzt wird, ob und in welchem Umfang seinen Daten polizeilich
gespeichert bleiben oder gelöscht werden?
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8.
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Ist es für einen effektiven Rechtsschutz geboten, dass die
öffentliche Verwaltung im Land NRW eine Zentralstelle einrichtet, die dem
Beschuldigten zur Auskunft über die gespeicherten Daten/Löschung von Daten
nach Abschluss einen Strafverfahrens verpflichtet ist und der gegenüber ein
Löschungsanspruch besteht und auch durchgesetzt werden kann?
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9.
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Wie
gehen andere Bundesländer mit der Frage der Sicherstellung der Löschung von
Daten durch die Justiz um?
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10.
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„Der Leitende Oberstaatsanwalt in Kleve wies darauf hin, dass die Staatsanwaltschaften gegenüber den Polizeibehörden keine Anordnungskompetenz
hinsichtlich der dortigen polizeilichen Informationssysteme haben“ (Bericht des Ministeriums der
Justiz vom 20.03.2023 – Vorlage 18/1027 –, Seite 6, 2. Absatz). Wie bewerten
Sie diese Einschätzung?
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