Richtlinien für die Aufhebung der
Immunität von Mitgliedern des Landtags

Abgeordnete genießen während ihrer Amtszeit Schutz vor strafrechtlicher Verfolgung. Diese Immunität kann jedoch in bestimmten Fällen aufgehoben werden. Richtlinien dazu, wann strafrechtliche Verfahren gegen Abgeordnete auch ohne Landtagszustimmung möglich sind, finden Sie auf dieser Seite.

Richtlinien für die Aufhebung der Immunität

1.

Der Landtag genehmigt bis zum Ablauf dieser Wahlperiode die Durchführung von Verfahren gegen seine Mitglieder wegen Straftaten, wegen Dienstvergehen oder als Dienstvergehen geltende Handlungen und wegen der Verletzung von Berufs- oder Standespflichten.

Diese Genehmigung umfasst auch

a) die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111 a StPO)

b) den Vollzug einer angeordneten Durchsuchung oder Beschlagnahme (§§ 94 - 100 und §§ 102 ff. StPO) in den genehmigten Verfahren, soweit der sofortige Vollzug der Zwangsmaßnahmen zur Sicherung der Beweise unbedingt geboten ist. (Diese Genehmigung wird im Einzelfall erst wirksam, wenn die für die Anordnung zuständigen Stellen der Präsidentin bzw. dem Präsidenten vor dem Vollzug unter Angabe der Gründe und des beabsichtigten Beginns Mitteilung machen und sicherstellen, dass die von der Präsidentin bzw. dem Präsidenten des Landtags im Einvernehmen mit den Vizepräsidentinnen bzw. Vizepräsidenten gegebenenfalls erteilten Auflagen befolgt werden. Für den Fall der Verhinderung treten an die Stelle der Präsidentin bzw. des Präsidenten und der Vizepräsidentinnen bzw. Vizepräsidenten persönliche Vertreter, die aus dem Kreis der Mitglieder des Landtags zu benennen sind.)

c) den Antrag auf Erlass eines Strafbefehls wegen einer Straftat, die der Beschuldigte beim Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, wenn der Beschuldigte damit einverstanden ist.

2.

Diese Genehmigung umfasst nicht

a) Beleidigungsdelikte mit politischem Charakter (§§ 185, 186 und 188 Abs. 1 StGB),

b) die Erhebung der öffentlichen Klage wegen einer Straftat,

c) den Antrag auf Erlass eines Strafbefehls, soweit er nicht unter Nr. 1 Satz 2 Buchst. c fällt,

d) im Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten einen Hinweis des Gerichts, dass über die Tat auch aufgrund eines Strafgesetzes entschieden werden kann (§ 81 Abs. 1 Satz 2 OWiG),

e) den Vollzug einer angeordneten Durchsuchung und Beschlagnahme, soweit er nicht unter Nr. 1 Satz 2 Buchst. b fällt,

f) die Vorlage der Klageschrift bei dem für Disziplinarsachen zuständigen Gericht, die vorläufige Dienstenthebung und die teilweise Einbehaltung der Dienstbezüge oder des Ruhegehalts,

g) den Antrag auf Eröffnung eines Ehren- oder berufsgerichtlichen Verfahrens und den Antrag auf Verhängung eines vorläufigen Berufs- oder Vertretungsverbots, gleichgültig, ob das Verbot umfassend ist oder sich auf einzelne berufliche Tätigkeiten beschränkt,

h) andere freiheitsbeschränkende und freiheitsentziehende Maßnahmen.

3.

Vor Einleitung eines Verfahrens bzw. von Maßnahmen im Sinne von Nr. 1 Satz 1 und Satz 2 Buchst. b und c ist der Präsidentin bzw. dem Präsidenten des Landtags und, soweit nicht Gründe der Wahrheitsfindung entgegenstehen, dem betroffenen Mitglied des Landtags Mitteilung zu machen; unterbleibt eine Mitteilung an das Mitglied, so ist die Präsidentin bzw. der Präsident auch hiervon unter Angabe der Gründe zu unterrichten.

Ein Verfahren bzw. eine Maßnahme darf frühestens 48 Stunden nach Zugang der Mitteilung bei der Präsidentin bzw. dem Präsidenten des Landtags eingeleitet werden. Fällt das Ende der Frist auf einen Samstag, einen Sonntag oder einen Feiertag, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages. Die Präsidentin bzw. der Präsident kann im Einzelfall die Frist angemessen verlängern. Der Landtag bestätigt der absendenden Stelle unverzüglich den Eingang der Mitteilung.

4.

Die Landesregierung wird aufgefordert, der Präsidentin bzw. dem Präsidenten des Landtags mitzuteilen, wann nach Aufhebung der Immunität Anklage gegen das Mitglied des Landtags erhoben worden ist sowie der Präsidentin  bzw. dem Präsidenten in halbjährlichem Abstand über den Stand der Straf- und Ermittlungsverfahren gegen Mitglieder des Landtags Bericht zu erstatten.

5.

Die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder einer Erzwingungshaft (§§ 96, 97 OWiG) bedarf der Genehmigung des Landtag

6.

Das Recht des Landtags, die Aufhebung des Verfahrens zu verlangen (Art. 48 Abs. 3 der Landesverfassung) bleibt unberührt.

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