Da kann man nicht meckern: Die Frauenquote bei den sozialdemokratischen Landtagsabgeordneten aus Ostwestfalen-Lippe stimmt seit der letzten Landtagswahl im Mai 1995. Von 13 Parlamentariern aus diesem Beritt sind fünf Frauen. Eine von ihnen ist Dorothee Danner. Mit dem besten Wahlergebnis in Ostwestfalen-Lippe schaffte die 47 jährige gleich beim ersten Anlaut den Sprung in den Düsseldorfer Landtag. Zusammen mit NRW-Schulministerin Gabi Seh/er, Ursula Bolte, Helga Giesselmann und Ina Meise-Laukamp sorgte sie für die Verstärkung des weiblichen Lagers. Bis auf Helga Giesselmann sind alle Parlamentsneulinge. Das schweißt zusammen. In den Anlangsmonaten halt man sich beim Zurechtfinden in dem nicht ganz einfachen Landtagsgeflecht. Und bei den Jungfernreden herrschte nette Solidarität. Als Dorothee Danner im Dezember 1995 erstmals im Plenum an das Rednerpult trat, war sie ganz dankbar, daß die Parlamentskolleginnen ihr den Rücken stärkten. "Als stellvertretende Landrätin habe ich schon viele Reden gehalten, aber im Parlament zu sprechen, ist doch etwas anderes", erinnert sie sich an ihren Auftritt und auch daran, daß es im Anschluß sogar ein paar Blümchen gab.
Heute fühlt sich Dorothee Danner im Landtag schon ganz heimisch. Ihr Abgeordnetemimmer hat sie mit persönlichen Dingen wie Bildern und Geschirr von zu Hause wohnlich hergerichtet. "Ich verbringe doch viel Zeit hier im Büro, da muß ich mich auch wohl fühlen', erklärt sie. Die Parlamentsarbeit macht ihr richtigen Spaß, obwohl sie sich zwei besonders arbeitsintensive Gebiete ausgesucht hat. Wie ihr Vorgänger Karl-Heinz Schnepel wollte sie gern in den Petitionsausschuß, und gleichzeitig interessierte sie sich für den Umweltausschuß. Tatsächlich hat sie es geschafft, in beide zu kommen.
Vor allem im Petitionsausschuß hat Dorothee Danner den Kontakt zum Bürger, den sie als Parlamentarierin braucht. Im Schnitt tagt das 25köpfige Gremium alle 14 Tage. In der Zwischenzeit müssen acht bis zehn Akten zu Hause bearbeitet werden, damit es in der folgenden Sitzung mit der Beschlußfassung weitergehen kann. Doch die Arbeit im Petitionsausschuß beschränkt sich nicht auf Schreibtischtätigkeit. Häufig gibt es Ortstermine. "Die machen die Aufgabe so zeitaufwendig, zugleich aber auch reizvoll", erklärt die SPD-Frau.
Gleich bei ihrem ersten Fall konnte Dorothee Danner ein Erfolgserlebnis verbuchen, obwohl ihr politischer Berater, Ex-MdL Karl-Heinz Schnepel die Eingabe für hoffnungslos angesehen hatte. .Es tut mir leid, das wird in die Hose gehen', hatte er die Neu-Parlamentarierin gewarnt. Vielleicht war das ein Grund für Dorothee Danner, sich besonders ins Zeug zu legen. Es ging um ein junges Mädchen aus Marokko, das von seinen Verwandten, die inzwischen die deutsche Staatsangehörigkeit erlangt hatten, adoptiert werden sollte. Obwohl das Mädchen bei den Verwandten wohnte, wollte das Ausländeramt, daß es nach Marokko zurückkehrte, um von dort aus die Adoption zu betreiben. Das schien hoffnungslos, da der Vater sich von der Familie getrennt hatte, die Mutter schwerkrank, die Großmutter, bei der das Kind autgewachsen war, inzwischen verstorben und der Großvater 300 Kilometer entlernt von einer größeren Stadt lebte.
Zusammen mit einer Anwältin und einer Mitarbeiterin des Jugendamtes gelang es Dorothee Danner, das Ausländeramt zu überreden, zunächst einmal die Entscheidung des Familiengerichtes abzuwarten. Und tatsächlich mußte die 14jährige nicht noch einmal zurück nach Marokko. "Als alles in trockenen Tüchern war, bin ich wie auf Wolken aus der Stadt, wo der Fall sich abspielte, hinausgeschwebt", erinnert sich die Abgeordnete.
Im Umweltausschuß hat sich Dorothee Danner auf das Gebiet der Abtallpolitik spezialisiert. "Wir sind ganz stolz darauf, daß wir nach langen Gesprächen mit den Bundnisgrunen ein gemeinsames Papier zustande gebracht haben", meinte sie. Es soll auf lange Sicht verhindern, daß in einigen Deponien Müll zu Bllllgprelsen abgekippt werden kann.
Mit diesen beiden Fachbereichen Ist die SPD-Abgeordnete voll ausgelastet Zumal sie in ihrem Herforder Wahlkreis auch noch eine Bürgerstunde eingerichtet hat. "Jeden Montag ist Sprechstunde. Der Kontakt, den ich dabei mit den Bürgern bekomme, Ist wichtig für meine Arbeit in Düsseldorf." Da Dorothee Danner zugleich auch noch sachkundige Bürgerin im Gleichstellungsausschuß in ihrem Heimatort Löhne ist, verliert sie die Rückkoppelung an die Basis nicht.
So selbstverständlich die Sozialdemokratin heute ihr Politikerinnen-Leben führt, an der Wiege war ihr diese Zukunft nicht gesungen worden. Sie wurde am 22. Februar 1949 in Marl-Hüls geboren. Ihr Vater war Diplomingenieur, die Mutter Einzelhandelskauffrau. Beide waren nicht sehr politisch. Nach dem Hauptschulabschluß setzte Dorothee Danner ihre Ausbildung zur Tischlerin durch. "Meine Zielvorstellung war immer, eine eigene kleine Werkstatt mit einer ebenso netten kleinen Galerie oder einem Kunstgewerbegeschätt zu haben." Natürlich war sie in der Berufsschule, aber auch in der Ausbildung ein "absolut buntes Huhn" unter all den männlichen Gesellen.
Und doch hat ihr Beruf auch etwas mit dem Entschluß zu tun, in die Politik zu gehen. Nach mehreren erfolgreichen Anstellungen zog sie mit ihrem Mann nach Detmold und erkundigte sich beim dortigen Arbeitsamt nach einem Job. Die Antwort verblüffte und verärgerte sie. Klipp und klar wurde ihr mitgeteilt, Tischler sei keine Arbeit für eine Frau. Das sei viel zu schwer. Kurzum, Frauen würden in diesem Beruf nicht beschäftigt. "fn dem Augenblick habe ich mir gesagt: Jetzt reicht's. Wir Frauen dürfen uns nicht alles gefallen lassen. Das war für mich der Grund, in die Politik zu gehen."
Dem Entschluß ließ Dorothee Danner rasch Taten folgen. Sie trat in die SPD ein und wurde politisch aktiv. Auf den Posten der stellvertretenden Ortsvorsitzenden folgte die Arbeit als Pressebeauftragte des Ortsvereins und stellvertretende Vorsitzende der AsF Im Ortsverband Löhne. Dann kamen Ämter im Bezirk. 1989 wurde sie Mitglied im Kreistag von Herford, um sogleich den Posten der stellvertretenden Landrätin zu übernehmen. "Das war ein Sprung ins kalte Wasser, aber die Arbeit hat mir viel Freude gemacht", sagt sie heute.
Natürlich war das ein Vollzeitjob, den sie mit ihrer Familie Mann, Sohn und Tochter geregelt bekommen mußte. Aber wie sich zeigte, war die viele Arbeit ein Lebenselexier für Dorothee Danner. Als Karl-Heinz Schnepel nicht mehr für den Landtag kandidierte, bewarb sich die SPD-Frau um das Mandat. Sie gewann zunächst gegen eine Gegenkandidatin und dann das Landtagsmandat. Weitere politische Ambitionen hat sie vorerst nicht. So, wie der neue Job sich angelassen hat, möchte sie im Jahr 2000 gern noch einmal kandidieren, doch bescheiden sagt sie: "Darüber entscheidet die Partei."
Und ein bißchen natürlich auch die Familie. Lange hat sie mit ihrem Mann und den beiden Kindern diskutiert, ob sie sich als Landtagsabgeordnete bewerben soll. "Schließlich muß die Familie mitziehen, sonst kann man so einen Job nicht übernehmen", weiß Dorothee Danner und freut sich, daß ihr Mann sie voll bei ihrer politischen Arbeit unterstützt. Mindestens ebenso stolz ist sie, daß auch Sohn und Tochter ein paar zusätzliche Aufgaben übernommen haben, damit die Mutter Politikerin sein kann. Bei so vielen Aktivitäten bleibt Dorothee Danner kaum Zeit für Hobbys nebenher. Doch sie gesteht: "In den Ferien restauriere ich noch immer gerne Schränke."
Gerlind Schaidt
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