Petition gegen die Umnutzung eines Gebäudes als EAE
Mit der Petition werden Vorbehalte an der Anmietung eines denkmalgeschützten Gebäudes der ehemaligen Oberfinanzdirektion als Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) für Asylsuchende und Geflüchtete geäußert.
Die Petenten äußern ihre Sorge, dass das Gebäude für eine Umnutzung nicht geeignet sei, die geplante Nutzung die Interessen der Bürgerinnen und Bürger vor Ort missachte und die Umsetzung der Planung mit einem enormen Kostenaufwand verbunden sei. Sie plädieren für die Errichtung einer EAE außerhalb dicht besiedelter Wohngebiete und nennen beispielhaft zwei im Eigentum des Landes stehende Gebäude, die nach Einschätzung der Petenten geeigneter für eine Umgestaltung seien.
Der Petitionsausschuss hat sich über den der Petition zugrunde liegenden Sachverhalt unterrichtet und sich eingehend mit dem Anliegen der Petenten befasst.
Am 05.06.2024 hat die Bezirksregierung in einer Informationsveranstaltung umfassend über den aktuellen Stand des Vorhabens informiert sowie Fragen aus der Anwohnerschaft beantwortet. Hierbei sind auch die genannten Aspekte der Petenten zur Sprache gekommen. Verkannt wird nicht, dass die Errichtung einer Landeseinrichtung für Anwohnerinnen und Anwohner eine große Veränderung nach sich zieht.
Für die Gewährleistung der Sicherheit innerhalb der Einrichtung ist die Bezirksregierung als Betreiberin der Einrichtung zuständig. Sie bedient sich hierfür – wie in anderen Landesunterkünften – eines nach Abschluss eines ordnungsgemäßen Vergabeverfahrens beauftragten Sicherheitsdienstleisters. Außerhalb der Einrichtung obliegt es der Einschätzungsprärogative der Kommune, ob es aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erforderlich ist, einen Sicherheitsdienst einzusetzen. Die Aufgabe, Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren, ist den Ordnungsbehörden zugewiesen. Die Aufgaben der örtlichen Ordnungsbehörden nehmen dabei u. a. die Gemeinden wahr.
Hinsichtlich der Eignung der Liegenschaft ist anzumerken, dass die zentrale Lage ein entscheidendes Kriterium für die Standortentscheidung war. Im System der Landesunterkünfte ist eine EAE die zweite Station der Asylbewerberinnen und -bewerber. Zunächst werden die Geflüchteten in der Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) in B. registriert, bevor sie in die EAEn der verschiedenen Regierungsbezirke transferiert werden. Wegen des hohen Transfergeschehens in einer EAE, in der die Geflüchteten üblicherweise wenige Wochen verweilen, bevor sie – unter Nutzung des ÖPNV – an eine Zentrale Unterbringungseinrichtung (ZUE) weitergeleitet werden, ist insbesondere die Nähe zu einem Hauptbahnhof wichtig. Bei der Standortentscheidung hat die fußläufige Entfernung vom Hauptbahnhof eine wichtige Rolle gespielt. Ein weiteres Argument für die Standortentscheidung war, dass sich das Gebäude im Eigentum des Bau- und Liegenschaftsbetriebes NRW befindet. Dies ermöglicht der Bezirksregierung einen vergleichsweise schnellen Zugriff und perspektivisch eine vergleichsweise schnelle Schaffung der angesichts des derzeitigen Zuzugsgeschehens dringend erforderlichen Plätze.
Ehemalige Bürogebäude sind erfahrungsgemäß für die Unterbringungsnutzung gut geeignet. Die Grundrisse der ehemaligen Büros sind üblicherweise für Bewohnerzimmer mit vier bis acht Betten passend, ohne dass es erheblicher Umbauarbeiten oder intensiver Eingriffe in die Gebäudesubstanz bedarf. Auch die zentrale Verpflegungsmöglichkeit in Form einer Kantine sowie die zentralen, nicht in den einzelnen Zimmern gelegenen Sanitäranlagen passen zu den Anforderungen an eine EAE. Zudem findet in einer EAE auch nach der Umnutzung eine umfangreiche Büronutzung statt. Die Bezirksregierung wird als Betreiberin der Unterkunft mit mehreren Mitarbeitenden vor Ort sein. Hinzu kommt der Hausmeister sowie Dienstleister für die Betreuung, die Sicherheit, die Verpflegung, die Reinigung und die medizinische Versorgung, die jeweils separate Büroräume benötigen. Die Zentrale Ausländerbehörde ist ebenfalls mit Mitarbeitenden in den EAEn vertreten.
Anwohnerbelange fanden in allen Phasen des Entscheidungsprozesses Berücksichtigung. Die Bezirksregierung betreibt eine Vielzahl von Unterkünften im gesamten Regierungsbezirk und hat hierbei auch mit hohen innenstädtischen Lagen gute Erfahrungen gemacht. Aufgrund der hohen Bevölkerungsdichte besteht in der Regel – wie auch am vorliegenden Standort – eine gute Infrastruktur für die Geschäfte des täglichen Bedarfs. In die dichte Innenstadtbebauung fügen sich größere Unterkünfte in der Regel gut ein. Schlechte Erfahrungen mit vergleichbaren Standorten hat die Bezirksregierung nicht gemacht.
Auch im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit hat die Bezirksregierung mit der Umnutzung von Bürogebäuden gute Erfahrungen gemacht. Üblicherweise liegen die Umbaukosten pro Platz deutlich unter den Kosten von Neubauten (einschließlich Neubauten in Containerbauweise). Dies liegt unter anderem daran, dass der Umbau angesichts des guten räumlichen Zuschnittes voraussichtlich nur in geringem Umfang Eingriffe in die Bausubstanz erforderlich macht. Dies wirkt sich positiv sowohl auf die Bau- als auch auf die Rückbaukosten aus. Bei der Berechnung der Petenten hinsichtlich der pro Geflüchtetem zur Verfügung stehenden Quadratmeterzahl wird außer Acht gelassen, dass in den Räumlichkeiten neben den Bewohnerzimmern auch Büroräumlichkeiten, Funktions- und Sozialräume sowie Gemeinschaftsräume und -bereiche für tagesstrukturierende Angebote (z. B. Deutschkurse, Kinderspielstube) vorgehalten werden.
Das Betriebskonzept der Landesunterkünfte trifft Vorkehrungen, um das Zusammenleben mit der Anwohnerschaft so konfliktfrei wie möglich zu gestalten. Die Hausordnung sieht insbesondere nächtliche Ruhezeiten vor. Diese wird durch den in der Einrichtung tätigen Sicherheitsdienstleister sowie den Betreuungsdienstleister und die Beschäftigten der Bezirksregierung vor Ort durchgesetzt. Die Bewohnenden werden über Regeln und Gepflogenheiten in der neuen Umgebung im Rahmen von Kursen für die Bewohnerschaft sensibilisiert. Mit den Beratungsangeboten soll auch Konflikten inner- und außerhalb der Einrichtung vorgebeugt werden. Ein Umfeldmanagement soll für Fragen zur Verfügung stehen und als Schnittstelle in die Nachbarschaft fungieren.
Im Hinblick auf die Freiflächen verfügt die Liegenschaft zwar lediglich über relativ kleine Innenhöfe sowie einen Außenbereich zwischen dem Altbau und dem Hochhaus. Jedoch liegen verschiedene Parks und andere öffentliche Grünflächen in fußläufiger Entfernung. Die Nähe zum E.-Platz, der als städtischer Platz ein hohes Kriminalitätsgeschehen aufweist, wurde in der Standortentscheidung ebenfalls betrachtet und bewertet. Insbesondere angesichts der nur kurzen Verweildauer in der EAE wird das von den Petenten befürchtete Risiko eines Anwerbens der Geflüchteten durch die dortige Drogenszene als gering eingeschätzt. Das strikte Drogenverbot in der Unterkunft wird beispielsweise auch durch regelmäßige Zimmerkontrollen durchgesetzt.
In Bezug auf die Prüfung von alternativen Liegenschaften ist zunächst darauf hinzuweisen, dass keine Verpflichtung zur oder ein Anspruch auf Prüfung von alternativen Grundstücken besteht, wenn die Bezirksregierung eine Liegenschaft als geeignet einstuft. Gleichwohl sind im Laufe des letzten Jahres dutzende Grundstücke in Augenschein genommen und geprüft worden. Die Bezirksregierung hat dabei sowohl eigene Akquisetätigkeit betrieben als auch die ihr von privater sowie öffentlicher Hand angebotenen und als geeignet erscheinenden Grundstücke einer Prüfung einschließlich Vorortterminen unterzogen. Aufgrund der besonderen Bedarfe einer EAE, insbesondere nach einer sehr guten Anbindung an den öffentlichen Verkehr, einer Vielzahl von Büroräumlichkeiten sowie einer Belegungsstärke von mindestens 500 Personen, kommt jedoch nur auf wenigen geprüften Grundstücken die Inbetriebnahme einer EAE überhaupt in Betracht.
Vor dem Hintergrund der Notwendigkeit, weitere Unterbringungsplätze im Landessystem aufzubauen, ist die Bezirksregierung auch weiterhin auf der Suche nach Flächen für die Errichtung einer EAE, die jedoch nicht alternativ, sondern zusätzlich zur EAE in der ehemaligen OFD entstehen würde. Die von den Petenten angesprochenen Grundstücke sind der Bezirksregierung bekannt, bislang aber nicht angeboten worden. Aufgrund der momentanen Bebauung mit überwiegend baufälligen alten Industriegebäuden erscheint eine Umnutzung nur mit erheblichem zeitlichem und finanziellem Aufwand möglich.
Der Petitionsausschuss nimmt erfreut zur Kenntnis, dass die Bezirksregierung sich dem von den Petenten angesprochenen Ortstermin gegenüber offen geäußert hat. Der Petitionsausschuss sieht insgesamt keinen Anlass, dem MKJFGFI darüber hinaus Maßnahmen zu empfehlen. Der Ausschuss beschließt zudem gemäß § 97 Abs. 7 der Geschäftsordnung des Landtags Nordrhein-Westfalen, die Eingaben als Massenpetition zu behandeln. Der Beschluss des Petitionsausschusses wird auf der Internetseite des Landtags veröffentlicht.