09.03.2022
- 1.700 Jahre jüdisches Leben auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik: Dieses besondere Jubiläum ist im Jahr 2021 mit zahlreichen Veranstaltungen und Aktionen gefeiert worden – auch im Landtag Nordrhein-Westfalen. Im Nachgang zum Jubiläumsjahr zeigte der Landtag die Ausstellung „Shared History“ des Leo Baeck Institutes, die Präsident André Kuper eröffnete.
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Off-Stimme:
1.700 Jahre jüdisches Leben auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik: Dieses besondere Jubiläum ist im Jahr 2021 mit zahlreichen Veranstaltungen und Aktionen gefeiert worden – auch im Landtag Nordrhein-Westfalen.
Im Nachgang zum Jubiläumsjahr zeigt der Landtag nun die Ausstellung „Shared History“ des Leo Baeck Instituts.
Die Ausstellung zeigt anhand von zahlreichen Objekten die Geschichten von Jüdinnen und Juden in Mitteleuropa und die enge Verflechtung jüdischer Geschichte mit den Menschen, Regionen und Ländern dieses Raums.
Sie beleuchtet zugleich die individuellen und kollektiven Erfahrungen, die den jüdischen Alltag über Jahrhunderte prägten: Diskriminierung, Ausgrenzung und Entrechtung, aber auch Akzeptanz und gesellschaftlichen Aufstieg.
Zu sehen waren u. a. ein Goldohrring aus dem Köln des 11. Jahrhunderts, die Brille des Philosophen Moses Mendelssohn oder das Gebetbuch „Amsterdamer Machsor“.
Der Präsident des Landtags, André Kuper, freute sich über die Ausstellung.
André Kuper, Präsident des Landtags:
Es gibt viele gute Gründe, warum im Landtag Nordrhein-Westfalen die Ausstellung „Shared History“ des Leo Baeck Institutes gezeigt wird.
Das beginnt für mich beim Leo Baeck Institut und endet beim Festjahr „1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“.
Im vergangenen Jahr hat uns das Leo Baeck Institut in New York die Fotorechte an einem Foto überlassen, dessen Existenz hier bei uns in Düsseldorf wohl in Vergessenheit geraten war.
Auf dem Foto ist Leo Baeck zu sehen, der am 7. Juli 1954 eine Rede vor dem Landtag Nordrhein-Westfalen gehalten hat. Sogar der Bundespräsident war damals dort.
Diese Rede sorgte für Aufsehen, weil ein jüdischer Gelehrter seit dem Holocaust zum ersten Mal vor einer staatlichen Institution in Deutschland sprach: Leo Baeck. Dafür wurde er weltweit, ja, beides: gelobt und kritisiert.
Heute nun hat das nach ihm benannte Institute diese Ausstellung kuratiert. In jeder Kalenderwoche 2021 wurde ein neues Exponat gezeigt. Und auch diese Exponate führen uns nach Nordrhein-Westfalen, erinnern
• an Heinrich Heine in Düsseldorf,
• an eine Kölner Goldschmiede
• oder an den „Stolperstein“ für Anne Frank in Aachen.
Anlass der Ausstellung ist das Edikt von Kaiser Konstantin aus dem Jahr 321, das es jüdischen Bürgern in Köln erlaubte, Mitglied der Bürgerschaft zu sein.
Und auch hier schließt sich der Kreis zu unserem Land:
Das Festjahr 1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland wurde von einem Verein in Köln aus organisiert. Auch der Landtag hat einige Veranstaltungen durchgeführt.
Ich erinnere beispielsweise an die Präsentation der Sonderbriefmarke vor einem Jahr.
Die Botschaft der Ausstellung „Shared history“ ist: Der Weg dahin, dass jüdisches Leben in seiner Vielfalt Bestandteil der deutschen Gesellschaft ist, war gezeichnet von Rückschlägen und Brüchen wie Diskriminierung, Ausgrenzung und Entrechtung, aber auch von Zeiten lebendigen, nachhaltigen Miteinanders.
Ich danke allen, die dazu beigetragen haben, dass es diese Ausstellung gibt und in digitaler Form auch weiter geben wird:
Zuvorderst dem Leo Baeck Institute in New York und Berlin; sowie dem Verein 1.700 Jahre jüdisches Leben.
Mit dieser Ausstellung wird dokumentiert,
• dass Aussöhnung möglich ist;
• dass die Nachfahren der Täter und der Opfer miteinander ins Gespräch kommen können;
• und dass sie der Wille eint, der Fratze des Antisemitismus ihr Gesicht zu zeigen.
Vor gut einem Jahr, am Holocaust-Gedenktag 2021 wurde „Shared History“ in Berlin durch den Bundestagspräsidenten öffentlich präsentiert. Jetzt gehen wir auf den Abschluss des Festjahres zu. Aber die Ausstellung wird weiter zugänglich sein.
Und ich wünsche ihr, dass viele Interessierte,
• viele Schulklassen,
• viele Bürgerinnen und Bürger
sie anschauen mögen, um über ein Thema deutscher und europäischer Geschichte und Gegenwart ins Nachdenken zu kommen, dem Größe und Verhängnis in besonderer Weise anhaftet. Auch um unserer aller Zukunft willen. Danke
Off-Stimme:
Der Präsident des Leo Baeck Instituts, Dr. David Marwell, sagte:
Dr. David Marwell, Präsident des Leo Baeck Instituts:
Wir freuen uns sehr, dass unsere Ausstellung „Shared History", die vom Bundestag in Auftrag gegeben und am 27. Januar 2021 in Berlin eröffnet wurde, heute im Landtag in Düsseldorf gezeigt wird.
Wir danken dem Verein 321 für die fruchtbare Partnerschaft und Landtagspräsident André Kuper und Ministerpräsident Hendrik Wüst für ihre Entscheidung, diese Ausstellung zu zeigen.
„Shared History“ (gemeinsam geteilte Geschichte) kann uns nicht nur viel über eine Geschichte lehren, die durch die Beinahe-Zerstörung des jüdischen Lebens in Deutschland fast ausgelöscht wurde, sondern sie berichtet uns auch darüber, wie wir – und alle, die ihr Land mit Minderheiten und neuen Nachbarn teilen – durch eine gemeinsame Gegenwart navigieren und einen Kurs für eine gemeinsame Zukunft festlegen.
Vielen Dank!