09.03.2020
- Auf Einladung von Landtagspräsident André Kuper war am 5. März 2020 die Holocaust-Überlebende Dr. Yvonne Koch zu Gast im Landtag. Vor Schülerinnen und Schülern berichtete sie über ihre Erlebnisse im Konzentrationslager Bergen-Belsen.
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„Zeitzeugengespräch mit Dr. Yvonne Koch“
Off-Stimme:
Dr. Yvonne Koch war zehn Jahre alt, als sie aus der Slowakei in das Konzentrationslager Bergen-Belsen verschleppt wurde. Die Holocaust-Überlebende hat es sich zur Aufgabe gemacht, jungen Menschen über ihre Erlebnisse zu berichten. Am 5. März 2020 war sie zu Gast im Landtag Nordrhein-Westfalen.
Auf Einladung von Landtagspräsident André Kuper sprach Dr. Koch mit Schülerinnen und Schülern aus Düsseldorf, Ratingen und Bottrop. Kuper sagte:
André Kuper, Präsident des Landtags:
Der jüdische Gelehrte Baal Schem Tov hat mal geschrieben: „Das Geheimnis der Erlösung ist Erinnerung.“ Dieser Satz bleibt mir irgendwie im Kopf, weil ich einerseits davon überzeugt bin, dass wir Nachgeborene die Pflicht und die Chance haben zur Erinnerung. Dass wir Geschichte betreiben, um die Schichten zu erkennen, auf denen unser Land steht. Und dass wir insbesondere den Wert von Demokratie und der Menschenrechte als Antwort darauf begreifen.
Off-Stimme:
Im Gespräch mit Dr. Matthias Schreiber von der Landtagsverwaltung berichtete Dr. Koch von ihrer Zeit in Bergen-Belsen – dem Konzentrationslager, in dem Anne Frank starb. Kochs Eltern, die jüdischer Abstammung waren, hatten ihre Tochter in einem Klosterinternat versteckt. Doch dieses Versteck wurde verraten, Yvonne Koch im November 1944 nach Bergen-Belsen deportiert.
Dr. Yvonne Koch:
Und es waren schrecklich viele Leichen. Berge und Berge von Leichen. Und ich kann mich erinnern, dass meine Mutter schwarze Haare gehabt hat. Und dann habe ich jede Leiche mit schwarzen Haare angefasst und stundenlang zwischen den Leichen meine Mutter gesucht. Und dann bin ich zurück in die Baracke und habe schrecklich geweint. Ich wäre auch bei einer toten Mutter glücklich gewesen, wenn ich die gefunden hätte.
Off-Stimme:
Unter unmenschlichen Bedingungen lebte Yvonne Koch im Konzentrationslager. Beinahe wäre sie verhungert.
Dr. Yvonne Koch:
Als die Engländer am 15. April 1945 das Konzentrationslager Bergen-Belsen befreit haben, war ich im Koma. Da hat ein englischer Sergeant die Baracken durchgeguckt und gemerkt, dass da noch jemand an der Pritsche atmet. Und das war ich.“
Off-Stimme:
Nach ihrem Vortrag stellte sich die Holocaust-Überlebende den Frage der Schülerinnen und Schüler. Sie erfuhren, dass es Yvonne Koch trotz aller Bürden gelang, Abitur zu machen, zu studieren und als promovierte Mikrobiologin zu arbeiten. Aber warum erzählt sie heute eigentlich öffentlich von ihrer leidvollen Zeit im Konzentrationslager?
Dr. Yvonne Koch:
Mein Vermächtnis ist, dass so was nie wieder passiert.
Off-Stimme:
Nach der Veranstaltung zeigten sich die Schülerinnen und Schüler tief beeindruckt.
Schülerin:
Ich finde, sie hat uns alle sehr berührt. Und ich finde, dass die Geschichte einfach immer weiter erzählt werden sollte. Das möglichst viele Menschen davon noch weiter profitieren können.
Schüler:
Es ist wichtig, dass die Demokratie erhalten bleibt, damit auch jeder eine Chance hat und nicht wieder Rassentrennung oder sonst etwas passiert.
Schülerin:
Dieses Zitat, was am Ende genannt wurde, wonach wer in der Demokratie schläft in einer Diktatur aufwacht – ich denke, dass man halt handeln sollte und nicht nur zugucken sollte.