23.02.2015
- Erfasst – Verfolgt – Vernichtet. Der Titel einer erschütternden, traurigen, aber auch wichtigen Ausstellung im Landtag Nordrhein-Westfalen. Diese Bilder zeigen Schicksale von Menschen mit Krankheiten oder Behinderungen im Nationalsozialismus. Ein lange verschwiegenes Thema, das die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde nun gemeinsam mit der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas sowie der Stiftung Topographie des Terrors mit diesen Bildern, mit diesen Geschichten aufarbeitet.
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Gedenkveranstaltung 2015 für die Opfer des Nationalsozialismus im Landtag NRW
Erfasst - Verfolgt - Vernichtet. Der Titel einer erschütternden, traurigen, aber auch wichtigen Ausstellung im Landtag Nordrhein-Westfalen. Diese Bilder zeigen Schicksale von Menschen mit Krankheiten oder Behinderungen im Nationalsozialismus. Ein lange verschwiegenes Thema, das die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde nun gemeinsam mit der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas sowie der Stiftung Topographie des Terrors mit diesen Bildern, mit diesen Geschichten aufarbeitet.
450 Gäste folgten genau 70 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz der Einladung des Landtags Nordrhein-Westfalen zu einer Gedenkveranstaltung. Darunter wichtige Historiker wie Prof. Götz Aly.
Prof. Dr. Götz Aly, Historiker:
"…zu ermorden, zu vernichten, zu verbrennen. Das konnte in der deutschen Gesellschaft, im deutschen Staat gemacht werden und lief weitgehend reibungslos ab."
Carina Gödecke, Landtagspräsidentin NRW:
"Diese Geschichte ist auch unsere Geschichte. Sie hat uns geprägt. Wir können und wollen uns von ihr nicht verabschieden, denn es ist unsere Verantwortung, nicht zu vergessen. Dieser Gedenktag ist notwendig. Er ist notwendig, weil viel zu viele Menschen damals weggeschaut haben und viel zu wenige widerstanden haben. Er ist notwendig, weil wir an einer Stelle stehen, wo wir Sorge haben müssen im 21. Jahrhundert."
Unter den Rednern auch ein Neffe eines der Opfer.
Dr. Hartmut Traub:
"Benjamin steht jetzt eingezwängt mit 63 nackten Männern auf engstem Raum. Die Türe wird geschlossen."
Dr. Hartmut Traub erzählt, wie sein Onkel, wegen einer angeblichen Jugendschizophrenie, Teil des Euthanasieprogrammes der Nazis wurde.
Dr. Hartmut Traub:
"Über den Ausbruch der Krankheit ist wenig bekannt. Benjamins Krankenakte wurde nach seinem Tod vernichtet."
Benjamin Traub wurde von den Nazis wie mehr als 200.000 andere Menschen in einer der Heil- und Pflegeanstalten ermordet. Seine Geschichte ist auch Teil der Ausstellung.
Dr. Hartmut Traub - Angehöriger eines NS-Opfers:
"Für mich persönlich ist das eine Form von Rehabilitierung. Einer aus unserer Familiengeschichte verdrängten Person oder eines Mitglieds unserer Familiengeschichte. Der auf diese Art und Weise für uns alle wieder ins Bewusstsein gekommen ist und dessen Kranken- und Familiengeschichte wir jetzt kennen und den wir sozusagen in den Kreis unserer Familie haben zurückholen können, wenn auch 70 Jahre eigentlich nach seinem Tod."
Im Plenarsaal dann ein bewegender Moment. Auschwitz-Überlebender Harry Radzyner richtet sich an die Gäste. Er habe lange geschwiegen, sagt er, versucht zu vergessen. Nun mit 81 Jahren wolle er aber doch sprechen, damit niemand den Holocaust leugnen könne.
Harry Radzyner, Auschwitz-Überlebender:
"Es war eine grausame Zeit und das Überleben reine Glückssache. Heute höre ich mir mit Abscheu die Parolen der Neonazis und werde sie bis aufs Letzte bekämpfen."
Bei einer Schweigeminute verneigen sich dann alle im Landtag vor dem Schicksal der Opfer.
"Ich danke Ihnen"
Impressum:
Herausgeberin
Die Präsidentin des Landtags
Carina Gödecke
Platz des Landtags 1
40221 Düsseldorf
Redaktion / Produktion
Birgitta Bäck / Prospekt Fernsehproduktion GmbH
Inhaltlich Verantwortlicher (§ 55 Abs. 2 des Staatsvertrages für Rundfunk und Telemedien)
Dr. Florian Melchert
© 2015